Belgische Klägerin gescheitert : EuGH: Verwaltung kann Mitarbeitern Kopftuch verbieten

Von Marlene GrunertRedakteurin in der Politik.

-Aktualisiert am 28.11.2023-13:33

Eine belgische Gemeinde verbot einer Mitarbeiterin, im Dienst ein Kopftuch zu tragen. Die Muslimin klagte dagegen. Der EuGH entschied nun, dass ein solches Verbot erlaubt ist. Auch in Berlin ist das Thema aktuell.

Ein Frau mit Kopftuch in einem Integrationskurs für Frauen
Bild: dpa

Eine öffentliche Verwaltung kann Kopftücher verbieten, um Neutralität herzustellen. Das hat am Dienstag der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) entschieden. Eine Frau aus Belgien war gegen solch ein Gesetz vor das Arbeitsgericht Lüttich gezogen, das sich seinerseits mit einer Vorlagefrage an den EuGH gewandt hat.

Die Frau arbeitet in der Gemeinde Ans als Büroleiterin, überwiegend ohne Publikumskontakt. Nach fünf Jahren äußerte sie den Wunsch, bei der Arbeit ein Kopftuch zu tragen. Die Gemeinde verbot es ihr und änderte auch ihre Arbeitsordnung. Allen Arbeitnehmern ist es seitdem verboten, auffällige Zeichen ideologischer oder religiöser Zugehörigkeit zu tragen, auch denen, die keinen Publikumskontakt haben. Die Frau fühlt sich durch die Regelung diskriminiert und in ihrer Religionsfreiheit verletzt.

Am Dienstag stellte der EuGH klar, dass eine "Politik der strikten Neutralität" in der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sein könne - Gleiches gelte aber auch für eine gegenteilige Entscheidung. Eine öffentliche Verwaltung könne sich auch dafür entscheiden, religiöse Zeichen "allgemein und undifferenziert" zu erlauben. Die Mitgliedstaaten verfügten hier über einen "Wertungsspielraum".

Das Ziel der Neutralität müsse "in kohärenter und systematischer Weise" verfolgt werden, sämtliche Maßnahmen müssten sich auf das "absolut Notwendige" beschränken, heißt es in der Mitteilung des Gerichtshofs. Er stellt auch klar: "Es ist Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob diese Anforderungen erfüllt sind."

Berlin sucht nach einer Lösung

In Deutschland ringt momentan vor allem Berlin um den richtigen Umgang mit religiösen Symbolen. 2005 erließ das Abgeordnetenhaus ein Neutralitätsgesetz, das es Lehrern, Richtern und Polizisten pauschal verbietet, sichtbare religiöse oder weltanschauliche Zeichen zu tragen.

Eine muslimische Informatikerin, die ihr Kopftuch im Unterricht nicht ablegen wollte, wurde vor einigen Jahren deshalb nicht zum Schuldienst zugelassen. Die Frau zog daraufhin bis vor das Bundesarbeitsgericht, wo sie Recht bekam.

Die Richter sprachen ihr eine Entschädigung von gut 5000 Euro nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu. Und sie verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auch Berlin berücksichtigen müsse.

Kein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen

Dessen Richter hatten schon im Jahr 2015 entschieden, dass ein pauschales Kopftuchverbot für Lehreinnen verfassungswidrig ist. Um einen so erheblichen Eingriff in die Religionsfreiheit zu rechtfertigen, sei eine konkrete Gefährdung des Schulfriedens nötig.

Bei Rechtsreferendarinnen sahen es die Verfassungsrichter anders: Im Gericht wiege das Gebot staatlicher Neutralität schwerer, entschieden sie 2020.

Was wird aus dem Berliner Gesetz?

Was aus dem Berliner Neutralitätsgesetz wird, ist immer noch unklar. Vor der Neuwahl im vergangenen Februar hatte die damals rot-grün-rote Koalition angekündigt, das Gesetz möglichst schnell an die Rechtsprechung anzupassen. Das Urteil des Bundesarbeitsgesetzes ist schon seit 2020 rechtskräftig.

Aus der CDU hatte es vor dem Regierungswechsel geheißen, man wolle das Neutralitätsgesetz "rechtssicher fortentwickeln". Im Gegensatz zu Grünen, Linken und Teilen der SPD stehe man weiter zum Ziel des Berliner Neutralitätsgesetzes, sagte die kirchenpolitische Sprecherin der CDU, Cornelia Seibeld.

Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) verwies vor zwei Monaten im Berliner Anwaltsblatt darauf, dass derzeit eine Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung des Neutralitätsgesetzes tage.


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